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Esitelmä Kööpenhaminan lingvistikongressissa 26.8. - 1.9.1936. IVe Congrès international de linguistes. Actes. Copenhague. 1938.
Einige Bemerkungen über die Unterscheidung von Sprache und Rede.
Wie allgemein bekannt bringt F. DE SAUSSURE in seinem berühmten Werke Cours de linguistique générale (1916) u. a. eine Distinktion, die bei den späteren Linguisten viel Anerkennung gefunden hat. Saussure hat Folgendes gegeneinander abzugrenzen und zu definieren versucht: zuerst gibt es in der sprachlichen Betätigung der Menschen etwas, was er parole nennt, ferner gibt es nach Saussure einen langage und schliesslich eine langue. Es ist m. E. unnötig hier näher auf diese Einteilung einzugehen und zu referieren, was Saussure mit parole, langue und langage gemeint hat. Wenn ein solches Referat übrigens klar werden sollte, würde es ausserdem auf grosse Schwierigkeiten stossen, da die Saussuresche Darstellung schwer verständlich ist, sogar an inneren Widersprüchen leidet. Aber ich will mich hier weder an ein Referat der Saussureschen Ansichten wagen, noch ist es meine Absicht, eine eingehendere Kritik an ihnen auszuüben. Ich will nur meine ganz anspruchslosen Bemerkungen, die ich zu der Frage von Sprache und Rede zu machen habe, zunächst an die Darstellung dieses wohlbekannten Forschers anknüpfen und zwar im besonderen an solche Anschauungen, die in weiten Kreisen Widerhall gefunden haben.
Ich habe drei Bemerkungen zu machen. Erstens: es ist in der linguistischen Literatur heutzutage häufig die Auffassung anzutreffen, dass die Verschiedenheit zwischen Sprache und Rede darin bestehe, dass die Sprache nur einen bestimmten Teil der menschlichen Rede ausmache, dass es also in der menschlichen Rede der betreffenden Sprachgemeinschaft vieles gäbe, was nicht zur Sprache gehöre. Eine solche Auffassung hat wohl ihre Quelle bei Saussure, der z. B. sagt (die Lommelsche Übersetzung S. 11): « Was aber ist die Sprache? Für uns fliesst sie keineswegs mit der menschlichen Rede zusammen; sie ist nur ein bestimmter, allerdings wesentlicher Teil davon » oder (S. 17) « Sie [nämlich die Sprache] ist der soziale Teil der menschlichen Rede ».
Wie ich die Sache ansehe, ist eine solche Auffassung kaum zutreffend, ich sage nicht dass sie falsch wäre. Zur näheren Betrachtung der Frage wollen wir einmal aus der Rede einer Menschengruppe (oder ebenso gut aus Texten) alle sozialen Ausdrücke, oder mit anderen Worten alle jene Ausdrücke, die wenigstens sagen wir zwei Personen gemeinsam sind, zusammenlesen. Wenn wir hierbei als gemeinschaftlich und zur Sprache gehörig nur Solche Ausdrücke ansehen zu können glauben, die einander völlig gleich sind, so fällt unsere Ausbeute natürlich klein aus, denn wenigstens geringe Unterschiede kommen in der Rede verschiedener Individuen (ebenso wie in der Schrift) beinahe stets vor. Im allgemeinen ist man auch der Ansicht, dass Ausdrücke, die man für sozial, vielen gemeinsam, erklären will, nicht völlig gleich zu sein brauchen, sondern dass es genügt, wenn sie einander ähnlich sind. Wenn wir dann also so verfahren, dass wir aus der Vielfältigkeit der Ausdrücke die sozialen, mehr als einmal auftretenden ähnlichen Ausdrücke absondern, so bekommen wir natürlich eine reale, konkrete Gruppe von Ausdrücken (vgl. Saussure o. c. S. 18 «Die Sprache ist nicht weniger als das Sprechen ein Gegenstand konkreter Art .... » ). Die nennen wir also Sprache, eine Gruppe, die sich von der ursprünglichen nur darin unterscheidet, dass wir in ihr von jedem Ausdruck mindestens zwei aus verschiedenen Quellen stammende Exemplare antreffen, in der ursprünglichen dagegen neben solche auch von einer einzigen Person stammende Ausdrücke. Wie ich schon sagte, kann man ohne einen Fehler zu begehen, so tun, und die erste Gruppe Sprache nennen und die zweite Rede, aber ich glaube, dass damit nicht viel gewonnen ist. Der Unterschied zwischen Sprache und Rede ist m. E. viel steiler als der genannte. Wir müssen beachten, dass das soziale Moment, die Gemeinschaftlichkeit ein Ordnungsbegriff, also kein schroff klassifizierender Begriff ist, d. h. das soziale Moment ist eine Eigenschaft, die in grösserem oder kleinerem Maasse den Gegenständen zukommen kann, z. B. die Wörter können mehr oder weniger sozial sein, und den Grenzfall stellt immer der Fall dar, wo das soziale Moment gleich Null ist. So könnten wir uns ja gut eine Sprache vorstellen, die ganz unsozial wäre, einen Fall, wo die Rede und die Sprache sozusagen zusammenfliessen. Ich glaube also, dass es ausschlaggebendere Eigenschaften gibt, die die Unterscheidung von Sprache und Rede begründen, als das soziale Moment.
Aber vielleicht ist die Sache nicht genau so gemeint, obwohl man Sätze, die dazu angetan sind, eine derartige Auffassung zu vermitteln, verschiedentlich antrifft. Es könnte nämlich aber auch gemeint sein, dass nur der sozial gemeinsame Teil aus den Graphemen (= aus den geschriebenen Zeichen, die ich vielleicht sprachlich nicht ganz einwandfrei Grapheme nenne) oder Phonemen (in der alten Bedeutung zu verstehen) die Sprache ausmacht, also alle solche Bestandteile der Grapheme und Phoneme, die untereinander sozial gleich sind,
gehören zu der konkreten Menge, die die Sprache bildet. Aber ich glaube, dass doch niemand die Sache sich ernst so vorstellt, denn mit dieser Methode bekommen wir ja nur eine Gruppe von verstümmelten Wörtern oder ähnlichen Dingen, und das ist wohl nicht die Sprache.
Aber, wie gesagt, am Ende ist mit dem soeben Angeführten gar nicht die richtige Meinung Saussures und anderer getroffen, obgleich sich wörtlich genommen die von mir dargelegte Auffassung verteidigen liesse. Es ist nämlich vielfach in Verbindung mit einem derartigen Gedankengang die Vorstellung anzutreffen, dass zur Sprache diejenigen Bestandteile der menschlichen Rede zu rechnen sind, die einer gewissen Norm oder gewissen Normen entsprechen, und dass die Sprache selbst dieses Normensystem ist. « Die Sprache ist ein Normensystem » ist ja eine ganz gebräuchliche Behauptung, z. B. schon H. PAUL sagt (Prinzipien der Sprachgeschichte, S. 404): « Die Gemeinsprache ist natürlich erst recht eine Abstraktion. Sie ist nicht ein Komplex von realen Tatsachen, realen Kräften, sondern nichts als eine ideale Norm, die ergiebt, wie gesprochen werden soll. Sie verhält sich zu der wirklichen Sprachtätigkeit etwa wie ein Gesetzbuch zu der Gesamtheit des Rechtslebens . . . ». Auf diese Art entstünde ein deutlicher Unterschied zwischen Sprache und Rede, auf der einen Seite das Normensystem, die Sprache, auf der anderen Seite entsprechende reale Ausdrücke, die Rede. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht gut, sich daran zu erinnern, dass alles das, was nicht bestimmten Normen entsprechend ist, doch stets irgendwelchen anderen Normen entsprechend sein kann, so dass also alle realen Ausdrücke auf Seiten der Rede bleiben, alle Normensysteme auf Seiten der Sprache. Zu dieser Theorie habe ich zu bemerken, dass unter einer Norm eigentlich eine Regel verstanden wird, die bestimmt, wie etwas sein soll, oder die ein so oder so beschaffenes Verfahren erlaubt. Falls die Norm so verstanden wird, oder falls also eigentliche Normen in Frage stehen, so ist es nach meiner Meinung ziemlich klar, dass die Sprache kein Normensystem ist. Die sog. Normen der Schriftsprache, der Mundarten usw. sagen nämlich nicht: dieses Wort muss so und so lauten, dieses Wort so usw., sondern: wenn man die betreffende Schriftsprache, die betreffende Mundart usw. sprechen will, so muss man so und so sagen oder schreiben. Die sprachlichen Normen können wohl überhaupt nur das Verhalten der Menschen, ihre Sprech- oder Schreibtätigkeit, berühren. So kann man sich z. B. das Sprechen des Menschen in Abhängigkeit von vielen sozialen Normen vorsichgehend vorstellen, aber nicht das akustische Resultat, das die Folge des Redens ist, oder das optische Resultat, das die Folge des Schreibens ist. Es ist möglicherweise vollkommen sinnvoll, von den Normen des Sprechens, des Schreibens usw. zu reden, deren sog. Realisation das Sprechen und das Schreiben ist, dagegen aber nicht von Normen, deren Realisation die Rede und die Schrift wäre. Das Sprechen ist natürlich etwas anderes als die Rede und das Schreiben eine ganz andere Sache als die Schrift, so dass wir einen Fehler begehen, wenn wir Begriffsbestimmungen eines Normensystems, das in Gedanken an das Sprechen und das Schreiben entstanden ist, auf die Rede und die Schrift anwenden. Mir fällt es also schwer, eine Ich komme nun auf meine zweite Bemerkung zu sprechen, dass die Sprache ein System von Zeichen sei. Diese Auffassung ist z. B. bei Saussure wiederholt anzutreffen, überhaupt ist sie als eine gebräuchliche Anschauung auch in der übrigen sprachwissenschaftlichen Literatur verbreitet. Dieser m. E. sehr wichtige Gedanke hat sich in letzter Zeit besonders in der Lehre von der Sprache als Lexikon plus Syntax gezeigt, die beide für das Sprachsystem charakteristisch sind.
Meiner Ansicht nach sind wir, wenn wir an eine solche oder eine ähnlichgeartete Lösung denken, auf einem Wege, der zu einem dauernden Resultat führen kann. In einigen Punkten bedarf die Sache wohl noch sorgfältiger weiterer Analysen, und solange diese noch nicht unternommen worden sind, kann man des Endresultates noch nicht ganz sicher sein, auch kann man noch nicht einmal die angeführte Definition mit vollem Verständnis beherrschen. Um dieses zu zeigen will ich auf ein Detail eingehen. Eine derartige Behauptung wie « Die Sprache ist ein System von Zeichen und zwar Wörtern », setzt u. a. voraus, dass das, was man unter dem Worte « Wort » versteht, in diesem Zusammenhang ohne weiteres klar ist. So verhält es sich aber durchaus nicht.
Was eigentlich Wort zu nennen ist, ist, wie bekannt, vielfach besprochen worden. Bei Behandlung dieser Frage ist jedoch nicht immer der wesentliche Umstand in Betracht gezogen worden, dass das Wort Wort in der sprachwissenschaflichen Literatur tatsächlich viele verschiedene Bedeutungen hat. Die Diskussion über den Charakter des Wortes bewegt sich leicht auf schwankendem Boden, wenn man diesen Umstand nicht in Betracht zieht. In einer Untersuchung « Einige grundlegende Tatsachen der Worttheorie », die 1934 in der Zeitschrift « Erkenntnis » erschienen ist, habe ich zusammen mit Dr. UUNO SAARNIO über einige beachtenswerte Bedeutungen des Wortes Wort berichtet. Noch eingehender ist die Sache später in der Schrift « Untersuchungen zur symbolischen Logik » (1935) von Dr. Saarnio behandelt. Aus diesen Untersuchungen ist zu ersehen, dass das Wort Wort in der wissenschaftlichen Literatur elf von einander vollständig klar getrennte Bedeutungen hat. Ich will hier nur einige nennen und namentlich solche, die für die Definition der Sprache und der Rede von Bedeutung sein können.
Zunächst kann man Wort nennen und nennt auch tatsächlich so jedes selbständige Laut- oder Schriftgebilde, das als Vorbereich der Symbolrelation steht oder gestanden hat. Hinsichtlich der Symbolrelation kann ich hier nur auf die Untersuchungen von Dr. Saarnio hinweisen. Dort sind die formalen Eigenschaften dieser Relation (Intransitivität, Asymmetrie usw.) dargelegt und ist dieselbe wissenschaftlich brauchbar gemacht. Populär gesprochen nenne ich also erstens Wort jedes selbständige Laut- oder Schriftgebilde, das eine Bedeutung hat oder gehabt hat, mit dem etwas bezeichnet wird oder bezeichnet worden ist. Alle solche Wörter sind physische Realitäten, man kann sie hören oder sehen. Um diese physischen Gegenstände von allen anderen mit dem Wort Wort bezeichneten zu unterscheiden, soll eine neue Bezeichnung in Benutzung genommen werden. Weil diese konkreten Gegenstände in der logischen Hierarchie den ersten Typus repräsentieren, so kann man die Bezeichnung Wort t 1 vorteilhaft wählen. Dieses Zeichen gebrauche ich also, wenn ich irgendein reales Wort meine, z. B. solche wie Tisch, Wort usw. Und analog, wenn ich auf die Tafel irgendein Wort (z. B. « Tisch ») schreibe und dann gerade über dieses Wort sprechen will, so wende ich das Symbol Tisch 1 t an. Wenn ich z. B. genau sagen will, dass Tisch ein kurzes Wort ist, muss ich sagen Tisch 1 t ist ein kurzes Wort. (In dem Typenzeichen sind die Nummer und das t in Tisch 1 t in anderer Reihenfolge als in Wort t 1, um zu zeigen, dass die Bedeutung dieses Zeichens dasselbe Wort ist wie das in seiner Bezeichnung vorkommende Wort. Tisch 1 t bedeutet also ein konkretes Wort Tisch, dagegen bedeutet Tisch t 1 einen bestimmten Gegenstand. Die Bedeutung von Wort t 1 umfasst solche Wörter vom ersten Typus wie Tisch, Wort, stehen usw., Wort 1 t nur solche wie Wort hier, Wort dort usw.).
Aber nicht alle sog. Wörter sind solche realen Gegenstände. Ich schreibe auf die Tafel z. B. Tisch Tisch Wort Wort. Nun kann man behaupten, dass sich auf der Tafel vier Wörter befänden. Bei einer solchen Behauptung gebrauchen wir das Wort Wörter in dem soeben dargelegten Sinne. Also auf der Tafel sind vier reale Gegenstände, vier Wörter, vier Exemplare von Wort vom ersten Typus. Aber ich kann auch sagen, dass hier auf der Tafel nur zwei Wörter stünden. Das erstere Tisch 1 t ist dasselbe Wort wie das letztere Tisch 1 t. Hier ist das Wort Wort in einer ganz anderen Bedeutung gebraucht als in der ersten Behauptung, die aussagte, dass auf der Tafel vier Wörter seien. Es ist klar, dass der Ausdruck Wort hier keine realen Grapheme, keinen realen Gegenstand bezeichnen kann, denn unbedingt gibt es auf der Tafel vier verschiedene reale Gegenstände. Diese neue Bedeutung ist keine Norm. Wenn ich sage: das erstere Tisch 1 t ist dasselbe Wort wie das zweite Tisch 1 t, so meine ich mit dem Worte Wort die Klasse bestimmter Graphemwörter vom ersten Typus, oder vielleicht könnte man wieder populär sagen, dass sie ein Begriff ist, der aus solchen Fällen wie Tisch hier, Tisch dort usw. abstrahiert ist. Darum können wir sagen: das erstere Tisch 1 t ist dasselbe Wort wie das letztere Tisch 1 t. Dasselbesein bedeutet in eine und dieselbe Klasse gehören. Alle Grapheme Tisch 1 t haben einige gemeinsame Eigenschaften, so z. B. folgen in ihnen die Buchstaben T I S C H einander in dieser Reihenfolge. Daher können wir eine Klasse dieser sog. Graphemwörter bilden, deren sog. Elemente alle realen Wörter Tisch sind, also Worte vom ersten Typus. Wie mit dem Tisch, so verhält es sich mit den Graphemen Wort. Auch sie haben gemeinsame Eigenschaften und gehören als Elemente in dieselbe Klasse, populär gesprochen: sie gehören in den Begriff «Graphem Wort im allgemeinen». Diese Bedeutung des Wortes Wort ist etwas ganz anderes als ein reales Wort, das im vorigen Fall als Bedeutung vorkam, denn ebenso wenig wie ein Mensch im allgemeinen oder besser gesagt die Klasse aller Menschen ein Mensch ist, ebenso wenig sind auch bestimmte Klassen der Wörter vom ersten Typus mehr Wörter vom ersten Typus. Ein solches Wort Tisch, wie das hier in Rede stehende, also eine Klasse, deren Elemente alle Tisch 1 t Grapheme sind, bezeichnen wir mit « Tisch 2 t ». Es ist ein Wort vom zweiten Typus. Desgleichen haben alle Grapheme Wort einige gemeinsame Merkmale, so dass die Klasse, deren Elemente alle Wort 1 t sind, entsteht. Diese Klasse bezeichnen wir mit « Wort 2 t ». Als eine der Eigenschaften der Wörter vom zweiten Typus ist besonders hervorzuheben, dass sie nichts bezeichnen. Sie können keine Bedeutungen haben. Wie könnten sie auch Bedeutungen haben, da sie keine realen Gegenstände sind ? Nur Wörter vom ersten Typus köhnen eine Bedeutung haben, d. h. als Vorbereich der Symbolrelation stehen.
Wir können hier noch ein wenig weiter gehen. Ich schreibe auf die Tafel: Tisch Tisches Tische Tischen. Nun kann ich sagen, dass auf der Tafel vier Wörter stehen, nämlich Tisch, dann Tisches, dann Tische, dann Tischen. Ich kann sie sehen und zählen. Aber ich kann ebenso widerspruchslos sagen: dort auf der Tafel steht dasselbe Wort viermal. Die Bedeutung des Wortes Wörter in der ersten Behauptung ist bereits gut bekannt. Seine Bedeutung umfasst Wörter vom ersten Typus, diese vier realen Gegenstände. In der zweiten Behauptung habe ich augenscheinlich mit dem Wort Wort etwas anderes bezeichnet. Diese Bedeutung des Wortes Wort ist keine der von mir zuvor besprochenen, sondern ich habe eine Klasse bestimmter Wortklassen bezeichnet, eine Klasse, deren Elemente diejenigen Klassen sind, die man mit Tisch 2 t, Tisches 2 t, Tische 2 t, Tischen 2 t bezeichnet. Die Klassen Tisch 2 t usw. haben gemeinsame Merkmale, und ausserdem bemerkt man, wenn man ihre Elemente vergleicht, eine systematische Variation, die in unzähligen anderen Wörtern anzutreffen ist. Die Klassen Tisch 2 t, Tisches 2 t, Tische 2 t, Tischen 2 t können daher als Elemente in einer Klasse von höheren Typus gehören, die wir mit « Tisch 3 t » bezeichnen. Ein solches Wort nennt man ein Wort vom dritten Typus. Wenn ich von der Klasse der Wörter Tisch 2 t, Tisches 2 t usw. spreche oder schreibe, kann ich also das Symbol « Tisch 3 t » anwenden. Dieses Tisch 3 t ist gemeint, wenn ich sage, dass dort auf der Tafel dasselbe Wort viermal sei. Dasselbesein bedeutet, wie früher schon bemerkt, in eine und dieselbe Klasse gehören; die da stehenden realen Grapheme gehören je in eine der Klassen Tisch 2 t usw., diese vier Klassen ihrerseits in die Klasse Tisch 3 t. Hierin liegt ihre Gleichheit. Es ist wohl kaum vonnöten zu sagen, dass auch diese Wörter vom dritten Typus nichts bedeuten können. Wir können sie weder sehen noch hören, sie sind begriffliche Gebilde, prinzipiell gleiche Klassen von Klassen wie sie z. B. in der Mathematik üblich sind. Unter den Eigenschaften dieser Wörter ist z. B. die Flektierbarkeit zu nennen. Nur diese Wörter können konjugiert oder dekliniert werden oder können unflektierbare sein. Es ist einleuchtend, dass kein einziges reales Wort flektiert werden kann, es ist was es ist auf dem Papier oder ähnlichem Material oder als Tonschwingungen in der Luft, denen wir keinerlei sinnvolle grammatische Flexion geben können. Ebenso wenig sind auch die Wörter des zweiten Typus flektierbar, z. B. Tisch 2 t, dessen sämtliche Elemente Tisch 1 t sind, und für welches es also keine Deklination gibt.
Aber es mag hier an einer Klarlegung dieser drei Bedeutungen genug sein. Wie ich erwähnte, gibt es noch weitere acht. Ich fasse nochmals kurz die drei näher erläuterten Bedeutungen zusammen. Wir haben: erstens die Bedeutungen, die vom ersten Typus sind, Gegenstände, die wir zu sehen, zu hören, zu lesen, zu schreiben imstande sind, die wir messen können usw. Diese Wörter und nur sie können etwas bedeuten, und nur unter ihnen können verschiedene syntaktische Gesetzmässigkeiten herrschen. Zweitens die Wörter vom zweiten Typus, die Klassen bestimmter Grapheme und Phoneme. So z. B. gehören zwei Grapheme Tisch in dieselbe Klasse, in eine Klasse vom zweiten Typus, in die Klasse Tisch 2 t. Solche Wörter können wir weder hören noch sehen. Sie haben keine Bedeutung. Drittens haben wir Klassen, deren Elemente solche Klassen wie Tisch 2 t, Tisches 2 t, Tische 2 t, Tischen 2 t sind; nämlich Wörter vom dritten Typus, z. B. Tisch 3 t. Diese Wörter sind flektierbar.
Nach diesem Seitensprung kehren wir zurück zu der Frage von der Sprache als Lexikon plus Syntax. Bei der Definition der Sprache und ebenfalls der Rede ist es unbedingt nötig, wenn in der Definition das Wort Wort vorkommt, genau zu sagen, was für ein Wort unter den vielen Wörtern Wort gemeint ist. Meines Erachtens gehören z. B. die Wörter vom zweiten und dritten Typus nicht mehr in die Sprache, denn sie sind nur linguistische Begriffe. In der Untersuchung « Einige grundlegende Tatsachen der Worttheorie » habe ich zusammen mit Dr. Saarnio eine solche Unterscheidung zwischen Rede und Sprache vorgeschlagen, dass die Rede einerseits die konkrete Kollektion der Wörter vom ersten Typus, die Gesamtheit aller realen Wörter, ist (ebenso wie die Schrift die Kollektion aller geschriebenen Grapheme vom ersten Typus), und andererseits die Sprache die syntaktisch geordnete Klasse der Wörter vom ersten Typus ist, d. h. das System, dessen G|ieder die realen Wörter, alle Wort t 1, sind, zwischen welchen bestimmte syntaktische Beziehungen bestehen können. Kurz geschrieben sähe diese Definition so aus: {Worts t 1}, wo der Index s die syntaktische Ordnung darstellen soll. Innerhalb dieser Klasse können wir durch Vermehrung der Kennzeichen Teilklassen abtrennen, z. B. die verschiedenen Nationalsprachen, die Dialekte, Individualsprachen usw. Eine lndividualsprache z. B. wäre also die syntaktisch geordnete Klasse aller realen von diesem Individuum produzierten Wörter. Alles dieses nenne ich hier nur andeutungsweise ohne nähere Begründung. Meine Absicht ist ja hier nur, einige verbreitete Auffassungen mit Randbemerkungen zu versehen.
Und nun zum Schluss die dritte Bemerkung. Es ist eine sehr gewöhnliche Behauptung, dass die Sprache ein überindividuelles Dasein führe, ein von dem Individuum unabhängiges Gebilde sei. So sagt z. B. Saussure (S. 17): « Sie [die Sprache] ist der soziale Teil der menschlichen Rede und ist unabhängig vom Einzelnen, welcher für sich allein sie weder schaffen noch umgestalten kann », (S. 22) « [die Sprache ist] ihrer Wesenheit nach sozial und unabhängig vom Individuum » und (S. 23) « Sie [die Sprache] ist also etwas, das in jedem Einzelnen von ihnen vorhanden, zugleich aber auch allen gemeinsam ist und unabhängig von dem Willen der Aufbewahrer ».
Diese Behauptung kann wieder verschieden verstanden werden, und je nachdem kann man sich dazu entweder zustimmend oder ablehnend verhalten. Wenn eine Sprache eine geordnete Klasse von bestimmten Wörtern vom ersten Typus ist, so ist sie natürlich vollständig überindividuell. Dies ist auch nicht im geringsten Mausse davon abhängig, wie in der Sprachgemeinschaft gesprochen oder geschrieben wird, denn die Phoneme oder Grapheme, die die Eigenschaften der Glieder des definierten Systems besitzen, gehören in dieses System, aber diejenigen, die besagte Eigenschaften nicht besitzen, gehören nicht dorthin. Die letztgenannten wirken also auch nicht in dem geringsten Maasse auf die Beschaffenheit der definierten Sprache ein. In dieser Meinung ist also jede Sprache überindividuell und vom Individuum unabhängig. Dagegen ist aber das, was geschrieben oder gesprochen wird, was sozial verbreitet wird, in besonders hohem Maasse von den Individuen abhängig. Gewöhnlich wird die geordnete Klasse, d. h. das System Sprache, gerade durch solche Bestandteile als seine Glieder gebildet, die allgemein sind. Wenn wir diese Seite in Betracht ziehen, können wir mit einer gewissen Berechtigung sagen, dass die Sprache nicht vom Individuum unabhängig ist, wobei natürlich gemeint sein muss, dass wir jede Sprache stets in der Form definieren, in der ihre Glieder als von den Individuen sehr abhängige Gebilde in der Realität auftreten.
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